SHA! – sensationell und "so very zen"!
Es ist verlockend: drei Tage in der Nähe von Valencia. Im Februar, wenn in Deutschland noch Minusgrade herrschen. Ich träume von milden Temperaturen und dem Meer. „In dem Hotel ist es doch nun wirklich egal, wie das Wetter ist“, gibt meine männliche Begleitung gelassen von sich. Und ich nehme an, dass er da Recht hat.
SHA Experience par excellence
Unsere Sha-Experience beginnt in Valencia, und zwar – bevor die drei Tage detox starten – noch einmal mit einem Abendessen bei Tapas und Rioja. Sorry, aber das muss sein, wenn wir schon einmal in Spanien sind. Ab morgen wird das anders.
Vier Tage und drei Nächte begeben wir uns in die Obhut der SHA Wellness Clinic in Albir. Die Klinik ist ein Ort der Erholung, weit ab von der alltäglichen Hektik und Schnelligkeit. Wer hierher kommt, hat meistens einen guten Grund: entgiften, abnehmen, Erschöpfung, Schönheit. Es gibt entsprechende Detox-, Weightloss-, Anti-Stress- oder Anti-Tobacco-Programme. Einige, so wie wir, kommen her, obwohl es ihnen noch ganz gut geht. Sie wollen das Konzept kennenlernen, bei drei – bis 14 Tagen Aufenthalt.
Als wir ankommen, nieselt es. Die Empfangshalle ist leer. Um diese Jahreszeit sind nicht viele Gäste in der Klinik. Die äußerst zuvorkommenden Mitarbeiter am Empfang lächeln uns warm entgegen und begrüßen uns mit einem herzlichen „Welcome to Sha!“. Die Architektur besticht vom ersten Moment an: klare Linien, viel Licht, Glas, Gegensätze von hell und dunkel, viel weiß. Die freundliche Guest Relation Managerin erklärt uns, dass „Sha“ auf japanisch „hell“ oder „glanz“ bedeute und dass das komplette fünfteilige Gebäude ganz im „Zen-Stil“ eingerichtet sei. „It’s all very zen.“ Das stimmt. Beruhigend.
Suite Nummer 206
Unsere Suite Nummer 206 liegt im zweiten Stockwerk und hat, wie alle anderen 96 Suiten, einen sensationellen Ausblick auf die Bucht von Albir. Ich überlege, ob ich mich nicht einfach für drei Tage auf dem Sofa oder Bett niederlasse und einfach nur die Aussicht genieße. Selbst bei Regen ist sie grandios.
Unser Programm sieht jedoch anderes vor. Am Nachmittag dürfen wir in unseren Bademänteln direkt in den Spa zu unserer ersten Anwendung bei Daniel, dem Shiatsu-Therapeuten. Erwähnenswert ist an dieser Stelle sicherlich das Sha-Klientel. Neben Naomi Campbell logiert hier auch ab und zu der Scheich von Qatar und auch die anderen Gäste sind zum Teil durchaus bekannt. Bei Sha werden diese Unterschiede aufgehoben, ganz einfach dadurch, dass tagsüber jeder in Bademantel oder Jogginganzug herumläuft. Und das Servicepersonal behandelt sowieso jeden Gast gleich. Wir fühlen uns wohl. Auch, wenn das vielleicht nur hier so scheint. Doch das ist für den Moment die Realität.
Shihatsu mit Daniel
Die Shiatsu Anwendung bei Daniel, dem Spanier mit dem britischen Akzent, verlasse ich tiefenentspannt und überaus glücklich. Er versteht sein Handwerk, geht auf mich ein, fragt nach individuellen Beschwerden und Besonderheiten. Der erste Tag endet im Spa, an dem Innenpool, ausgestattet mit lauter Hightech-Geräten, die ich nicht alle ausprobiere. Es gibt – das ist noch das Banalste – eine Gegenstromanlage, Fontänen, Whirlpools integriert in den Pool und vieles mehr. Wir sind allein am Pool. Neben dem bloßen Faulenzen auf der weichen Liege bietet sich ein Besuch der Tageslichtsaunen und des Dampfbades an.
Abendessen, aber bitte makrobiotisch!
Am Abend nehmen wir unser erstes makrobiotisches Mahl in dem beinah komplett verglasten Restaurant im vierten Stock des Gebäudes zu uns. Mit seinen Säulen mutet der Raum beinah an wie ein römischer Palast. Der Blick wandert automatisch nach draußen, auf die Terrasse mit ihren weißen Möbeln, dem Pool, zum Himmel und natürlich auf das Meer. Wasser plätschert, beruhigend. Feng Shui?
Wer zum Entgiften her kommt oder weil er ein paar Kilos verlieren möchte, der verzichtet komplett auf Fleisch, tierische Fette, Eier, Milch, weißen Zucker, Kaffee und Alkohol. Im Idealfall besteht die makrobiotische Ernährung bis zu 60 Prozent aus wenig verarbeitetem Vollkorngetreide und zu 20 Prozent aus kurz gegartem Gemüse, bevorzugt Hülsenfrüchte. Der Rest verteilt sich auf Algen, Obst, Sojaprodukte, Samen, Nüsse, Keime und etwas Fisch. Hinzukommen optimalerweise Meditation, Yoga und Spaziergänge an der frischen Luft. Das alles soll die Balance der körperlichen und geistigen Kräfte fördern.
Wer keine Diät halten muss, kann sich an einer reichhaltige Auswahl von À la Carte-Gerichten inklusive Fisch- und Fleisch erfreuen. Selbst eine Weinkarte existiert.
Wir bestellen mutig das makrobiotische Menü, bestehend aus einer gebundenen, cremig pürierten Selleriesuppe, gedünstetem Sellerie und verschiedenen, bissfest gegarten Gemüsessorten auf Quinoa und einem köstlich saftigen Stück Apfelkuchen zum Dessert. Gemacht ohne Eier und weißen Zucker, ohne Kuhmilch oder Sahne– köstlich! Alles! Jede Mahlzeit endet mit einem Kännchen grünen Bancha-Tee, der die Verdauung anregen soll.
Immer schön locker bleiben - mit Nordic Walking und natürlich ohne weißen Zucker!
Am nächsten Morgen erwachen wir bei Sonnenschein und herrlichem Blick auf die Bucht und das Meer. Um 9.00 Uhr marschieren wir zum Nordic Walking mit Sabrina, der Instructerin aus der Schweiz und drei weiteren Gästen, einem jungen Pärchen aus England und Hans aus den Niederlanden. Hans wird in zwei Tagen 72 und macht das hier zum ersten Mal. Er sieht jünger aus – obwohl er vorher keine makrobiotische Kost zu sich genommen hat. Bewegung an der frischen Luft wird empfohlen und nach 60 Minuten durch das Naturschutzgebiet der Sierra Helada fühlen wir uns wirklich wach und hungrig.
Erwartungsvoll lassen wir das Frühstück auf makrobitotisch auf uns wirken: Misosuppe, warmer Reisbrei, eingelegte Früchte, Kompotte, Reiswaffeln, Marmeladen, Kuchen (ohne weißen Zucker natürlich!) und etwas Brot. Dazu Tee und frischer Karottensaft. Die Männer im Raum schauen etwas sparsam, besonders die älteren. Mir gefällt es, zwar neu und gewöhnungsbedürftig doch wohltuend, nicht belastend und lecker.
Heute Nachmittag stehen eine Entspannungsmassage und die makrobiotische Ernährungsberatung auf dem Programm. Wir vertreiben uns den Vormittag mit einem herrlichen Spaziergang über die Strandpromenade von Albir. Vom Hotel hinunter in den Ort dauert es 15 Minuten. Das Örtchen wirkt um diese Jahreszeit noch recht verschlafen, einige Rentner mit Freunden und Hunden spazieren über die Promenade und genießen die Sonne. Hier wird eine Bar umgebaut, dort ein Café renoviert. Man bereitet sich vor auf die kommende Saison. Aus der Abgeschiedenheit der Klinik kommend empfinden wir beinahe so etwas wie einen Kulturschock. Auf den Tafeln der Lokale von makrobiotischer Küche keine Spur. Bloß Sandwich und Schinken, Bier und Kaffee. Das ist dann wohl die Realität.
Da kommt die Entspannungsmassage um 16 Uhr gerade recht. So schön ausgeruht begeben wir uns im Anschluss zu Mr. Kenneth Prange, dem schottischen Spezialisten für die makrobiotische Ernährungs- und Lebensart. Jeder bekommt seine ganz individuelle Ernährungsberatung, das ist Teil des Konzepts der Makrobiotik: es ist individuell angepasst auf die klimatischen Bedingungen einer Region, die dortigen Gegebenheiten und natürlich die jeweilige Konstitution des Menschen. Die makrobiotische Praxis soll die Selbstheilungskräfte des Körpers fördern. Wird dieser nicht mit Toxinen und Energieüberschüssen belastet, kann er besser funktionieren und sich erfolgreich gegen Krankheitserreger wehren. Logisch eigentlich.
Toxisch? Nein danke!
Mr. Prange inspiziert Zunge, Augen, Haut und fühlt meinen Puls. Die Anamnese erinnert mich an die Traditionelle Chinesische Medizin und Ayurveda. Diagnose: im Großen und Ganzen bin ich gesund, es bestehe eine geringe Nierenschwäche, was bei Frauen häufiger der Fall sei, und es seien Anzeichen für eine gewisse Erschöpfung, wahrscheinlich bedingt durch Stress, vorhanden. Als Diät verordnet er mir die Diät „Kushi B“. Das ist die normale makrobiotische Diät, die wir auch gestern genossen haben. Abnehmen muss ich nicht, er sagt mir sogar, dass ich durch das makrobiotische Essen anfangs eher zunehmen könne. Das Gefühl habe ich auch, ich fühle mich voll und aufgebläht. Er versichert mir, dass das ganz normal sei in den ersten zwei Tagen, bedingt durch die Vollkornnahrung. Mal sehen. Zusätzlich verordnet er mir zwei individuell auf mich abgestimmte Tees, die ich täglich zwischen 17 Uhr und 19 Uhr in der Teestube einnehmen darf. Ebenso gehöre zur makrobiotischen Lebensweise neben Bewegung an der frischen Luft Meditation und Yoga.
Yi Ya Yoga!
Yoga wird heute Abend um 18 Uhr angeboten und natürlich nehmen wir den Kurs mit.
Wir atmen viel, es ist ein sanftes Yoga, viel Dehnung und Entspannung. Die weiche Stimme der grazilen Yogalehrerin haucht: „Inspiro – espiro….aaaaahhhhhhh“. Ich erinnere mich, dass „Sha“ in der hinduistischen Kultur beim Yoga für „Ausamten“ steht. Wir werden verzaubert. „You live in your home“, höre ich sie zum Schluß sagen, „in your body. You live .... now.“ Pause. „How do you want this day to end? Today is February the 14th. This day will never come back. How do you want it to end?“ Ihre Worte gehen mir unter die Haut. Ich habe etwas zum Nachdenken.
Am nächsten Morgen, unserem vorletzten Tag, steht noch ein Besuch des Floatariums auf unserem Programm. Das Floatarium ist ein kleiner Pool in einem separaten Raum, befüllt mit Salzwasser wie im Toten Meer. Es dient zur Entspannung der Muskeln – und des Geistes, wie wir kurze Zeit später bestätigen können: auf einer Poolnudel floaten wir vor uns hin und vergessen für eine Weile die Welt um uns herum.
Den sonnigen Nachmittag verbringen wir mit einer Wanderung wir durch die Sierra Helada und lassen den Tag im Restaurant bei unserem vorerst letzten makrobiotischen Dinner ausklingen. Aus dem Fenster nehme ich entfernt die wunderschönen Farben auf der Hügelkette gegenüber wahr. Die untergehende Sonne malt sie einfach so dorthin. Natur.
Ich fühle mich eins, mit mir, der Natur, dem Universum. So ist Sha. Ankommen und die Welt da draußen für eine Weile vergessen. Einfach nur sein. Very zen.
Auf einen Blick:
Diverse Programme wie Detox, Gewichtsreduktion, Anti-Tabak oder Anti-Stress. Es gibt auch eine Abteilung für Ästhetische Medizin.
Zum Detox-Programm gehören u. a. medizinischer Check-up, Konsultation der Naturheilexperten, Akupunktur, Shiatsu, Yoga oder Tai Chi, Meditation, Bodywrap, Vorträge zur Makrobiotik und Kochdemonstration.
Adresse:
Verderol 5, Playa del Albir, www.shawellnessclinic.com.
Albir liegt 45 Autominuten vom Flughafen Alicante und 90 Minuten vom Flughafen Valencia entfernt; Shuttleservice vorhanden.
Bilder: @SHA Wellness Clinic